Wissenschaftliche Tagung 2019
Vertriebene in der DDR – Zum Umgang mit einem Tabu
Das Thema „Flucht und Vertreibung“ der Deutschen aus den ehemaligen Ostgebieten des Deutschen Reiches und den anderen Siedlungsgebieten wurde in der DDR aus politischen Gründen totgeschwiegen. Bestenfalls wurden die Vertriebenen als „Umsiedler“ postuliert. Es entstand so der Eindruck, dass die Menschen ihre alte Heimat freiwillig verlassen hätten.
Die Umsiedlungen galten als Wiederherstellung eines alten beispielsweise „polnischen Rechts“ oder als notwendige Wiedergutmachung für erlittenes Unrecht. Aus Sicht der DDR-Staatsführung und im Einklang mit ihrer Einordnung des Zweiten Weltkrieges hätten die „imperialistisch-faschistischen“ Eliten Deutschlands die Ostgebiete verspielt. Offiziell regelte der Görlitzer Vertrag vom 6. Juli 1950 die von Moskau gewünschten Vorgaben in den Beziehungen etwa zwischen der DDR und Polen. Im Vertrag erkannte Ostberlin die Oder-Neiße-Linie als „Friedensgrenze“ an.
Gleichwohl beschäftigte das Thema Staat und Gesellschaft. Die Tagung beschäftigte sich mit der Frage, wie der Vertriebenendiskurs („Umsiedler“) in der DDR geführt wurde. Die Rolle der staatlichen Institutionen, von der SED bis hin zur Staatssicherheit, wurden dabei ebenso beleuchtet wie die Rolle gesellschaftlicher Organe, etwa der Kirchen. Auch Unterschiede zwischen den früheren Ländern – Mecklenburg war Hauptaufnahmegebiet – wurden herausgearbeitet und mit Zahlen unterlegt.
Die kulturellen Aspekte einer privat organisierten Erinnerungsarbeit von Heimatvertriebenen wurden ebenfalls beleuchtet, die Graubereiche der Behandlung in Kunst, Film und Literatur aufgezeigt. Die Friedliche Revolution und die Wiedervereinigung eröffneten den Vertriebenen in der DDR neue Perspektiven. Dazu zählten auch Entschädigungsregelungen und der ideologiefreie Aufbau von Beziehungen der Vertriebenen mit Menschen aus den Vertreibungsgebieten. Die Konferenz präsentierte die neuesten Forschungserkenntnisse und lud zur Diskussion ein.
Ziel der Tagung war es, 30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer und dem Anfang vom Ende der deutschen Teilung in Partnerschaft mit dem Bund der Vertriebenen einen eher wenig beachteten Aspekt der Vertreibungsgeschichte öffentlich zu diskutieren. Die Ergebnisse der Tagung werden demnächst in einem Tagungsbericht auf der Webseite präsentiert.
Die wissenschaftliche Tagung wurde durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat sowie das Nordost-Institut (IKGN e. V.) gefördert. Sie fand in Kooperation mit dem Bund der Vertriebenen (BdV) und dem Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig statt.
Das Programm der Tagung finden Sie hier.
Der Tagungsbericht finden Sie ebenfalls hier.
Ort:
Zeitgeschichtliches Forum Leipzig
Grimmaische Str. 6, 04109 Leipzig
Zeit:
14. November 2019, 10:00 - 17:00 Uhr
Ansprechpartner:
Jan Roessel
Referent EU & Europa
Tel.: 030 88412 251
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