Am 4. November 2025 verlieh die Deutsche Gesellschaft e. V. ihren diesjährigen Preis für Verdienste um die deutsche und europäische Verständigung an Joachim Gauck in Würdigung seines unermüdlichen Wirkens für Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenwürde. Der Preisträger habe sich in herausragender Weise um die Förderung eines friedlichen und von gegenseitigem Respekt getragenen Zusammenlebens der Menschen in Deutschland und Europa verdient gemacht, hieß es zur Begründung. Sein Lebenswerk sei Ansporn, für die Freiheit einzutreten und Verantwortung für das Gemeinwesen zu übernehmen.
In ihrer Laudatio würdigte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner den Preisträger „als ‚Demokratielehrer‘, der nicht aus dem Buch lehre, sondern aus seinem Leben.“ Joachim Gauck habe die Deutschen an seinen Erfahrungen während der Friedlichen Revolution teilhaben lassen – „auch um uns Mut zu machen: Wir Deutschen, wir können Freiheit!“ Seine Botschaft „Wir sagen unserer Angst auf Wiedersehen" sei gerade heute von größter Bedeutung. Die Bundestagspräsidentin dankte Joachim Gauck „für seine Vorbildrolle und die Leidenschaft, mit der er uns Freiheit vorlebt und Mut spendet."
Überreicht wurde der Preis von Bundestagspräsidentin Julia Klöckner und den Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft e. V., Sabine Bergmann-Pohl, Präsidentin der ersten und letzten frei gewählten Volkskammer, und Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin a. D.
In ihrer Ansprache erinnerte Sabine Bergmann-Pohl an das lange Wirken des Preisträgers, der vor mehr als 30 Jahren Pfarrer in Rostock gewesen sei und dem SED-Regime nicht nur mutig die Stirn geboten, sondern auch anderen Mut gemacht habe. Bereits in jener Zeit sei eine Überzeugung hervorgetreten, die sich als Leitmotiv durch das Wirken Joachim Gaucks ziehe. Diese Überzeugung lasse sich mit wenigen Worten zusammenfassen, den Joachim Gauck bei zahlreichen Gelegenheiten in dem Satz gebündelt habe: „Freiheit heißt Verantwortung“.
Freiheit habe Joachim Gauck nie als bloßes Privileg, sondern stets als Auftrag verstanden, so Sabine Bergmann-Pohl. Viele hielten Freiheit für selbstverständlich. Doch alle Freiheiten, an die wir uns hierzulande gewöhnt haben, die wir voraussetzen und die es uns erlauben, unsere Persönlichkeit zu entfalten und unseren demokratischen Rechte wahrzunehmen, bedeuteten immer auch Verpflichtung, Verantwortung zu übernehmen. Und Joachim Gauck habe Verantwortung übernommen und Verantwortung getragen, als Abgeordneter der frei gewählten Volkskammer und als Beauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR. Auch als erster Bundespräsident aus den neuen Bundesländern habe er sein Verständnis von Freiheit zum Maßstab seines Handelns gemacht, das darauf ausgerichtet gewesen sei, das Gemeinwesen gegen Anfechtungen von innen und außen zu verteidigen. „Deshalb waren Sie sicherlich das, was man einen ‚politischen Präsidenten‘ nennen kann“, so Sabine Bergmann-Pohl an den Preisträger gewandt. „Sie haben die Spielräume, die ihnen das Amt des Staatsoberhauptes gelassen hat, für politische Interventionen ausgenutzt.“ Dafür gebühre dem Preisträger große Anerkennung, weil er auch unbequeme Wahrheiten ausgesprochen habe.
Musikalisch begleitet wurde die Preisverleihung vom Chor des Inge-Deutschkron-Gymnasiums Berlin-Pankow, der aus dem internationalen Chorprojekt „Klangbrücke“ hervorgegangen ist – ein Symbol für Verständigung und kulturelle Begegnung über Grenzen hinweg.
Internationalen Charakter erhielt die Preisverleihung auch mit der Verleihung von zwei Sonderpreisen. Aus Anlass des 35. Jubiläums des Tags der Deutschen Einheit wurden zwei Persönlichkeiten geehrt, die 1990 maßgeblich dazu beigetragen hatten, die deutsche Vereinigung auf europäischer Ebene möglich zu machen: Alan Donnelly, Berichterstatter im Sonderausschuss Deutsche Einheit des Europäischen Parlaments, und Carlo Trojan, damals stellvertretender Generalsekretär der Europäischen Kommission und Mitglied der westdeutschen Verhandlungsdelegation für den deutschen Einigungsvertrag.
04.11.2025

